1. letzte menschen

„Er hat nichts, wofür er lebt. es lebt um ihn herum“, beschreibt Tobias Moretti den von ihm dargestellten Polizisten Thomas Dorn: „ein prototypischer, heutiger, überforderter Mensch, der in einem Vakuum lebt“, zu sehen in „Das Jüngste Gericht“, Regie Urs Egger. Die Kommissare werden auch immer menschlicher, keine Weisen mehr, unbestechlich, schlau, sondern behaftet mit privaten Problemen wie du und ich.
Aus den Bergen des hohen Geistes kam einst Zarathustra in die Stadt herunter, um die Menschen den Übergang zu lehren, und bei ihrem Stolz spricht er sie an: So will ich ihnen vom Verächtlichsten sprechen: das aber ist d e r l e t z t e M e n s c h. .... Seht! Ich zeige euch d e n l e t z t e n M e n s c h e n. „Was ist Liebe? Was ist Schöpfung? Was ist Sehnsucht? Was ist Stern?“ – so fragt der letzte Mensch und blinzelt.

Dieser letzte Mensch begegnet in seiner Überforderung. Er lebt einigermaßen bequem und hat keine großen Ziele, nichts, was ihn wahrhaft herausfordern würde, nichts, wofür zu kämpfen sich lohnt. Immerhin, ein Kommissar erhebt sich aus der Gleichmäßigkeit, beginnt zu forschen und zu fragen: aber wird dieser letzte Mensch vor den großen Herausforderungen bestehen können? Das Jüngste Gericht, die letzte, größte, umfassendste Infragestellung des Menschen, seiner Taten und Ziele. Aber Zarathustra sieht den letzten Menschen blinzeln: er lacht ihn aus, er nimmt ihn nicht ernst, er verweigert die Begegnung. Der letzte Mensch ist der verachtete und verächtliche Mensch.

Siehe/Höre: http://www.youtube.com/watch?v=dbI5K0AzNHI
SCHLAGLOCH - 21. Apr, 17:04

LETZTE: nacht

Hätte man noch ein Jahr, dann würde man sich viel vornehmen. Man würde in verschiedenen Krankenhäusern nachfragen, ob es noch eine Alternative in der Behandlung gibt, ob sich das Ende hinauszögern lässt. Man würde versuchen einen Nachfolger für den Betrieb zu finden, die Aufgaben, welche man begonnen hat fertig stellen. Diesen und jenen anrufen, darauf drängen, dass man dies und jenes gemeinsam unternimmt. Man will noch ein bisschen Spaß haben, sich untertags unterhalten. In der Nacht, wenn die Aktivitäten zur Ruhe kommen, würden die Zweifel kommen, wenn man nicht aktiv ist, in der Zeit bevor man schläft. Man würde etwas Neues planen, zu rechnen beginnen wie viel Zeit braucht dies und rechnet sich das. Man würde an der Sache zweifeln und sich etwas anderes ausdenken, zwischen verschiedenen Dingen hinundherschwanken. Das Neue wieder abbrechen. Wieder etwas anderes beginnen und wieder abbrechen, man würde immer unzufriedener und nervöser werden Man würde sich vor einem plötzlichem Tod fürchten, vor einem Termin, der früher kommt, als der von den Medizinern vorhergesagt. Wenn man gehen muss, dann zum angekündigtem Termin und nicht zu einem Unkontrollierbaren. Jeden Kontakt mit Menschen, die an einer ansteckenden Krankheit leiden, vermeiden. Niemandem mit einem Schnupfen zu nahe kommen, dies könnte eine schwere Grippe auslösen, der Anfang einer Lungenentzündung sein. Man wird immer einsamer, sondert sich von den Leuten ab. Das Essen würde man sich über ein Transportband mit Gesundheitsschleusen kommen lassen. Einen Vorkoster einsetzten. So wird ein Vorhaben nach dem Nächstem von den Gesundheitsvorkehrungen erstickt. Die Pläne enden dadurch, dass sie von dem nächsten Plan erstickt werden.
Welches Glück würde man zu Beginn des Jahres sagen, ein ganzes Jahr Zeit. Dann würde man die Zeit zu hassen beginnen. Man würde sich nach der einen Nacht sehnen, der letzten Nacht, wo man schlafen kann. Der letzten Nacht, wo man am Morgen aufwacht, und man weis ob es etwas Neues gibt oder nichts weis, weil es nichts gibt.

Das ganze Jahr brachte Unruhe, die letzte Nacht den Frieden.

weichensteller - 27. Apr, 12:55

Sterbende

Die meisten Sterbenden, denen ich begegnet bin, waren Wissende. Viele haben lange vorher schon um ihr Ende gewußt, da gab es noch gar keine bestimmte Krankheit. Sie haben zu den Ermunterungen still genickt, nahmen Glückwünsche für die nächsten zehn Jahre freundlich entgegen, wie aus einer anderen Welt. Sie waren durchaus nicht fremd im Lebensgeschäft, waren all ihrer Sorgen und Befürchtungen inne, auch des Unerreichten und Unerreichbaren.
Vor allem wußten sie um sich selbst, um ihre Schwächen, um all das Unfertige, das unfertig bleiben würde bis zur Schwelle.
An ihnen habe ich gesehen, wie der Tod die Ruhe vorauswirft. Ruhe und Einverständnis.

Aufgrund des Glaubens gehorchte Abraham dem Ruf, wegzuziehen in ein Land, das er zum Erbe erhalten sollte; und er zog weg, ohne zu wissen, wohin er kommen würde.

Hebr 11,8

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