predigten

Samstag, 16. August 2008

Herr, wenn du es bist, so befiehl, dass ich auf dem Wasser zu dir komme!

Ist es Uebermut?

Nichts zu sehen, nichts sicher zu wissen, nur eine Vermutung,
und dann sich auf ein so unsicheres Element hinauszubegeben, und auf solche Weise.
Zwar ist er ja ein Fischer, und er wird Erfahrung haben mit diesem Element, wenngleich er aber kaum schwimmen kann.
Aber gerade in dieser Nacht plagen sich die Fischer mit Gegenwind und hohem Wellengang. Das Element hat seine eigene Dynamik. Man lernt, sich ihr bis zu einem gewissen Grad anzuvertrauen, und dann kann man mit ihm umgehen, soweit es das zulaesst.

Und wie kommt Petrus in dieser Nacht zu seiner (spaeten) Jesuserkenntnis?
Die Gestalt auf dem Wasser wurde ja fuer ein Gespenst gehalten, in grosser Angst schrien sie - und versuchten, es so zu beschwoeren. In dieser Nacht, im Kampf mit dem Element, im Anblick dieser unsicheren Gestalt, gab er sich zu erkennen. Und er war trotz der Umstaende erkennbar, weil es ja ein Wiedererkennen war.
Die Israeliten haben bereits in der Nacht des Schilfmeeres Gott erkannt im Walten dieses Elements, das zuweilen traegt und zuweilen verschlingt. Gottes rettende Hand, obgleich gar nicht zu sehen. Vom anderen Ufer aus. Als Gerettete. Als von Fremdherrschaft Befreite. Das war die Gestalt, die sie gesehen haben hinterher, je spaeter, desto besser. Vielleicht erst richtig in der Exilszeit. Die Gestalt des Retters und Befreiers, der sich ihrer annimmt, sie aber auch herausfordert. Im Exil begann man sogar, das Element (probeweise) mit der Wueste gleichzusetzen. Was ist mit dir, Wasser....., was ist mit euch, Berge..... (Ps 114).

Weiters haben die Fischer Jesus auf dem selben See bereits als der Elemente Herr erkannt. Die Eigenstaendigkeit der Elemente erwies umso deulicher seine eigene Eigenstaendigkeit gegenueber den Fischern und den Elementen, im gleichen Boot damals. Aber nun: Auf dem selben Element ruhend, mit dem sie ringen. - Insofern ihnen gegenueber, und es kommt zu einer Konfrontation.
Aber derselbe Grund traegt sie beide - insofern also eine Gleichsetzung.

Und das ist nun der Grund fuer die Zuversicht des Petrus. Er hat den verbindenden, tragenden Grund erblickt, der das Schiff traegt und sie selbst, und dem auch Jesus sich anvertraut. Im WAlten des Elements Gottes rettende Hand erkannt, in der unsicheren Gestalt wiedererkannt. Jesus in der rettenden Hand Gottes. Der Auferstehungsglaube bahnt sich hier an, auch der Juenger Nachfolgeangebote ueber den Tod hinaus. Der Elemente Herr, und in ihrem Walten erkennbar. Im Tragen und im Hindern. Als Boden und als Grab. Als tragender Grund, und als verschlingender.

Und nun wir selbst.
Ohne sich mit dem Element zu befassen, koennte man gerade nur an Deck bleiben. Von dort koennen zwar Ufer und Haefen anvisiert werden, auch Fischgruende lassen sich eingrenzen - aber das Element wird nur vorausgesetzt, es selbst wird nicht erfasst. Man kann sich darauf bewegen, ohne seiner gewahr zu werden, man geht seinen Tagesgeschaeften nach und kann es dabei zu Geschicklichkeit und Erfolg bringen, und dennoch blieben die Fischer Nichtschwimmer. Denn das Element erschliesst sich nur in der Gotteserkenntnis.

Aber es traegt. Es oeffnet Wege, fuehrt Suchende und Fragende, und auch Jesus betritt es. Und es nimmt auf: Beginnt, Petrus aufzunehmen, als er zweifelt, nimmt die Toten auf, auch den Gekreuzigten - und gibt sie wieder frei:
Das Element, das die Fischer traegt zu Jesus, der Boden, auf dem wir wandeln in all unseren Nichtigkeiten, da wir uns immerfort im Boot festzumachen suchen, und dort Gelaender und Gebinde errichten noch und noch, und mit ihnen allesamt schwanken unentwegt, der Grund, der Gott selbst uns ist, und dem ganzen Universum, jeglichem Geschoepf, damit es darauf erscheine und wieder darin aufgenommen werde.

Aber wenn er sagt: Komm, dann solltest du ihn wiedererkennen, nicht Gespenster, und dann geh, du wirst nicht versinken.



(Auf hoher See geschrieben)

Montag, 24. September 2007

Kärnten und das Ende

Am liebsten hören die Angehörigen, was der/die liebe Verstorbene getan hat im Leben, Verdienste für die Allgemeinheit, meistens aber für eben diese Angehörigen. Ein ganzes Leben für die Familie, immer für uns Kinder da, schwere Zeiten, mit wenig eine Existenz gegründet. Sehr oft muß ich erst nachfragen nach dem Beruf, nach dem früh verstorbenen Gatten. Manchmal ist es den Angehörigen zuwenig, was ich dann über die Vergangenheit sage von den Einzelheiten, die sie mir vorgelegt haben, und zuviel von der Ewigkeit.
Bischof Kapellari hat mich, als ich in Kärnten auftauchte, gewarnt vor dem ausgeprägten Totenkult hier. Es sind stets mehr Menschen am Friedhof als in der Kirche, besonders in den Dörfern. Der bedeutende und einzige Kärntner Schriftsteller, der in seiner Heimat geblieben ist, Josef Winkler, schreibt unentwegt vom Tod.
Der Friedhof ist konfessionsverbindend und generationsverbindend. Am Sarg tritt die verzweigte Familie zusammen. Die Nähe zum Verstorbenen wird am Grab gesucht, nicht in der Eucharistiefeier. Die Nennung des Namens scheint wichtiger als das Gebet. Die Vorstellung, der Tote würde in der Erinnerung leben (vielleicht nur in ihr), kann mit einem Jenseits und erst recht mit der Ewigkeit wenig anfangen.
Der Blick geht zurück, nicht voraus, nach unten, nicht noch oben. Den meisten Menschen würde, dass in der Ewigkeit keine Ehe existiert, weil alle Menschen in Liebe miteinander und mit Gott verbunden sind, blasphemisch erscheinen. Andererseits gibt es aber keine volkstümliche Vorstellung von der leiblichen Auferstehung.
Dabei ist der Tod das einzig sichere und endgültige, das in unserer sich unaufhörlich verändernden Welt existiert. Wir modernen, wissenschaftlich empfindenden Menschen vermessen die Welt bis zu den Atomkernen und meinen, das Geheimnis des Lebens mit den Genen in die Hand nehmen zu können. Wir fahnden nach den Jungbrunnen und wähnen sie in Sport und gesunder Ernährung, in Genuss und Gesellschaft, in Planung und Innovation gefunden zu haben. Aber wir verschieben nur Fristen und dünnen das scheinbar Gewonnene weiter aus.
Es ist der Gegensatz, den wir scheuen. Um ihn zu umgehen, bauen wir Brücken: die Sterbeerlebnisse Reanimierter, die Unendlichkeit des Universums, die sogar mein Schuldirektor mit der Ewigkeit in eins setzt, und er ist Physiker und Mathematiker.
Der fundamentale Unterschied zwischen den schnellen und unbedeutenden Ereignissen unserer Tage und der wesenhaften Stille, die uns erwartet, zwischen der atemlosen Vergänglichkeit und dem Eigentlichen, das wir sein werden, und ganz besonders der Unterschied zwischen unserer Selbstbezogenheit, in der wir das Glück suchen, und der Bezogenheit auf Gott, in der die wirkliche Fülle ist. Und spätestens hier sieht man: Ein Leben, das um die Ewigkeit weiß, verläuft anders und hat eine andere Tiefe als eines, das in der Endlichkeit aufgehen will. Hat man nicht bemerkt, dass jene den Menschen klein machen, die die Ewigkeit negieren, aber im Angesicht des Todes seine Würde sichtbar wird?
Der Oktober wird uns zeigen, wie viele Unterschiede es da im Leben gibt: gegenüber Sterbenden, die aus dem täglichen Leben in Anstalten ausgezogen sind, gegenüber Ungeborenen, die zu einer Krankheit erklärt werden oder gegenüber Leid, das für sinnlos gehalten wird. Und dieser Oktober wird insofern ein kritischer sein, weil im Umgang mit dem Tod ja wir Lebende offenbar werden. Vor dem Schweigen des Todes wird unser Leben umso beredter.

Sonntag, 10. Juni 2007

Vor 11 Jahren war ich zum ersten Mal

in Istanbul. Ich hatte 24 Stunden Aufenthalt vor meiner Weiterreise nach Israel. Ich hatte den Galataturm gefunden, und nun saß ich auf einer Bank in dem kleinen Park unter dem Turm, genau an der Stelle, an der uns Propheten mein Freund Mete letzten Sommer das frühere Stadttor von Galata gezeigt hat. Ich saß auf dieser Steinbank, genoß den Vormittag und schrieb etwas in mein Notizbuch, oder vielleicht zeichnete ich die Häuser gegenüber der Bank oder den Obstverkäufer, wie er mit Gewichten auf seiner Waage Melonen oder Pfirsiche abwog.
Da blieb ein junger Mann stehen, sprach mich an und setzte sich bald zu mir. Ihm war meine Ruhe aufgefallen und mein Interesse an der Gasse. Wir stellten uns vor, plauderten ein bißchen, und nach spätestens 5 Minuten fragte er mich nach Gott. Ob ich an ihn glaube. Denn er hatte noch kaum Christen kennengelernt, die an ihren Gott glaubten. Er war sichtlich erfreut über meine Antwort, und er stellte die zweite Frage: An wie viele Götter glaubst du? Und wer ist Jesus?
Er versicherte mir, wie sehr er Isa schätze und verehre, ein großer, vielleicht der größte Prophet vor Mohammed. Aber dass er Gott sei? Dann hätten wir zwei Götter.
Ich weiß nicht mehr, wie lange wir über die Trinität gesprochen haben an diesem Vormittag, aber bis zum Abend hatte Mehmet mir den großen Basar gezeigt, die Suleimanja-Moschee, wir waren essen gewesen in einem schattigen Nebengäßchen und hatten uns in einem Hamam ausgeruht, mit türkischer Massage und Apfeltee, wie es sich gehört. Meine erste Begegnung mit der Millionenstadt hatte mich vor die Dreifaltigkeit geführt, vor das Eigentlichste meines christlichen Glaubens, und hatte mir selber die Brisanz dieses Glaubens vor Augen geführt.

2. Unser christliches Abendland hat das Systemdenken hervorgebracht in einer Zeit, die wir Aufklärung nennen. Seither wurde die Erde mit Nationalstaaten überzogen, in politische Systeme aufgeteilt, von unserem Wirtschaftssystem erschlossen und von Waffensystemen gesichert. Systeme versuchen, eine Einheit herzustellen, wo Dinge verschieden sind. Wenn z.B. in einem Land Menschen verschiedener Sprache leben, schon seit Jahrhunderten, so versucht der Nationalstaat, durch die Landessprache eine Einheitlichkeit zu erzeugen, welche die Verschiedenheit übersteigt und zuletzt aufhebt. Der freie Markt verlangt, dass alle Firmen ihre Waren zum Kauf anbieten können, ohne Einschränkungen. Die großen Firmen schlucken die kleineren und bieten alsbald unter verschiedenen Namen immer gleiche Produkte an. Unser Kritischer Konsument-Plakat der Ökogruppe hat z.B. im Mai gezeigt, wie 99,1 % von dem Fleisch, das in Österreich gekauft und gegessen wird, aus Massentierhaltung stammt, von Tieren, die nie die Sonne gesehen haben.
Die Bibel spricht dagegen von einer ganz anderen Art von Einheit: Ich und der Vater sind eins. Aber verschieden. So verschieden, dass der Vater den Sohn dahingibt, in den Tod gibt, in die äußerste Gottesferne, dorthin, wo jede Freiheit endet. Auch die Gottes. So riesig ist die Spanne Gottes, vom Inbegriff des Lebens und Seins bis zum Tod und dem Nichts. Gottes Liebe ist das Herschenken, das Hergeben. Der Abschied, der dennoch niemals aus der Nähe führt. Denn die Getrennten sind im Gebet vereint. Oder anders gesagt: Das Gebet ist eine Art, wie die Getrennten eins sind. Ebenso die Hoffnung, das Vertrauen, die Taten der Liebe. Die Verschiedenheit, sogar die Trennung, ist also Voraussetzung der Liebe. Und die Liebe ist der Geist.

3. Wie kann eine Gemeinde wachsen, die der Dreifaltigkeit geweiht ist. Sie wird wohl Verschiedenheit schätzen, die Verschiedenheit der Dienste, der Priester und der Laien, der Frauen und der Männer, der Jungen und der Alten. Und die einen werden sich an den anderen freuen, dass sie so sind, wie sie sind. Dass nicht alle so sein müssen wie wir. Aber nicht in Gleichgültigkeit: mach, was du willst, mir egal. Sondern in Sorge: werden das richtige Wege sein, richtige Antworten. Werden wir nichts Wichtiges übersehen. Die Gemeinde der Dreifaltigkeit wird riesige Energien freisetzen, wenn ihre Einheit noch größer ist als die Verschiedenheit. Wenn sich sogar ganz Fromme einigen können mit den Ungläubigen, und wenn Liebende einen Weg finden mit den Gleichgültigen zusammen.
Aber das, ihr Gläubigen, braucht die Geistesgaben, nur der Geist gibt solche Einheit. Seht nur die Schwäche unserer geteilten Kirche an, all die Eifersüchteleien und Vorbehalte. Bittet um den Geist, ihr Gefirmten und Nochnichtgefirmten, dass er uns zusammenführe. Alle.

Aufgrund des Glaubens gehorchte Abraham dem Ruf, wegzuziehen in ein Land, das er zum Erbe erhalten sollte; und er zog weg, ohne zu wissen, wohin er kommen würde.

Hebr 11,8

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