Freitag, 2. September 2022

Schamane

Schwarze Augen
aus dem Finstern
klar und ruhig auf mich gerichtet
aus dem Schatten des mit einer nackten Gluehbirne spaerlich beleuchteten Raums.
Sie hat mich von Anfang an auserwaehlt
die kleine schwarze Huendin mit dem kurzen Fell
und spricht nun zu mir in der Stille
vor mir stehend zwischen mir und dem Schamanen,
der auf dem Stuhl sich vorbereitet
mit Bechern und Schalen vor sich am Tisch,
einer Schnapsflasche,
einem Buschen Ajapanga
und einer Zigarette.
Er hatte die Kette mit Guerteltierzaehnen umgelegt, als er meinen Beruf erfahren hat, und sich das Band mit dem Samen auf den Kopf gesetzt, damit alles auch aeusserlich seine Ordnung hat. Er hat den Lianensirup getrunken, der ihm Bilder aufsteigen laesst, und wartet jetzt auf die Wirkung mit halbgeschlossenen Augen, der alte Mann, der seit einem Unfall vor wenigen Jahren seine Kruecken neben sich stehen hat.
Seine Familie sitzt rundum auf einer niederen Bank und unterhaelt sich leise und ungezwungen, seine Frau, drei Soehne, eine Schwiegertochter. In der Mitte eine Feuerstelle, auf der ein Stock glost ueber drei Steinen - darueber ein Kessel von der Decke haengend. Ich hocke auf einem niederen Schemel vor dem Schamanen und kraule die Huendin.
Er beginnt zu pfeifen, eine Melodie aus zwei Toenen, spaeter sing er, es sind Bitten an die Geister des Wassers und des Waldes um Staerkung und Reinigung. Er streicht mit dem Ajapangabuschen ueber meinen Kopf, die Schultern, die Oberarme, immer wieder, langsam, bestimmt. Er heisst mich umdrehen, streicht weiter ueber Kopf, Schulter, Ruecken, lange, ich vergesse die Zeit.
Das Murmeln der Familie, zuweilen ein Lachen, in den Pausen die Zikkaden von draussen durch die angelehnte Tuer, sie rufen wie ein Sekundenzeiger, zuweilen eine Stimme vom finsteren Dorfplatz.
Er legt die Haende auf meinen Kopf,
er blaest Rauch auf meinen Kopf,
dann wieder das Klopfen.
Es ist eine Reinigung.
Danach hat er gesagt, keine Krankheiten, einige Sorgen, nichts Wichtiges.
Es wird alles gut.
Die Huendin ist verschwunden

images1

Aufgrund des Glaubens gehorchte Abraham dem Ruf, wegzuziehen in ein Land, das er zum Erbe erhalten sollte; und er zog weg, ohne zu wissen, wohin er kommen würde.

Hebr 11,8

Hallo Besucher!

Du kannst Kommentare hinterlassen auf diese Seite!

Aktuelle Beiträge

final
Heute beginnt die Rueckreise. Ausgecheckt ist bereits...
weichensteller - 7. Sep, 20:25
Puorto Lopez
der ewige Staub, den der Ozean unaufhoerlich ins...
weichensteller - 7. Sep, 00:58
Pazifik im Maerz
Wie junge Kaetzchen uebermuetig und verspielt so liegen...
weichensteller - 6. Sep, 19:06
Dschungel
Wir fahren eine gute Stunde bis zum Fluss. Der Wagen...
weichensteller - 4. Sep, 00:31
Schamane
Schwarze Augen aus dem Finstern klar und ruhig auf...
weichensteller - 2. Sep, 16:38

User Status

Du bist nicht angemeldet.

Bücher in Diskussion

Suche

 

Status

Online seit 6373 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 7. Sep, 20:27

Credits

wer kommt

Free counter and web stats

amazonas
bogota
des menschen überdrüssig
essays
fragen über fragen
gedicht
jardin
kino
medellin
pazifik
predigten
quito
rand
texte
tumbaco
unterwegs
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren